„Der beste Jugendtrash seit Berts Katastrophen!“

Ludwig Baumgärtner, Comiczeichner & -autor


Beschreibung

Eine Stadt im Ausnahmezustand: Wölfe strömen unkontrolliert in unsere Wälder – aber der Bioförster sagt, wir schaffen das. Haustiere werden aufgespießt, Horrorclowns und Werwölfe treiben nachts ihr Unwesen – Ehebruch, Mord und Bluttaten stehen an der Tagesordnung.

Und das Schlimmste: Dacia, die ich liebe, Maria, die ich begehre, und Sophie, mit der ich zusammen bin, tummeln sich auf ein und derselben Hausparty!

Und doch ist die Welt noch nicht verloren: Denn es gibt jemanden, der dem Ganzen …

Moment, Cleo ist grad reingekommen.

 
 Hm … er meint, ich hätte jetzt genug Belanglosigkeiten von mir gegeben. Sinnvoller wäre es, an dieser Stelle sein neustes Gedicht zu platzieren. Na gut, wenn’s weiter nix ist.


  Es fragt die holde Ambar,

 warum das Petting lahm war

 und ich nicht anschmiegsam war.

 Ich sag: „Dein rotes Schamhaar

 war vorher ja nicht ahnbar.“

 

 In diesem Sinne: Viel Spaß beim Mitleiden!

 Euer Hugo

 



Leseprobe

Der erste Bewerber war der Korbi, ein relativ sympathischer, sonst eher stiller Klassenkamerad. Hier aber war er gar nicht still, sondern redete wie ein Wasserfall: Er habe schon früher einwandfrei Rätsel geknackt und verstehe sich auch auf die Um-die-Ecke-denk-Rätsel in der Zeitung und Vier-mal-vier-Sudokus und überhaupt habe er das neuste Smartphone, mit dem er innerhalb von zweieinhalb Sekunden das halbe Internet durchforsten könnte.

Cleo drehte sich auf seinem Schreibtischstuhl nachdenklich im Kreis, seine Hände mit ausgestreckten Zeigefingern gefaltet, dass es aussah, als würde er sich mit einer Hände-Pumpgun in die Nase schießen wollen. „Wir werden in Situationen kommen, wo uns die Technik nicht weiterhilft“, knirschte er unbeeindruckt.

Korbi wartete beklommen ab.

„Kannst du schwimmen?“, fragte Cleo.

„Ja“, sagte Korbi.

„Tauchen auch?“, fragte Cleo.

„Ja“, sagte Korbi.

„Wie lange?“, fragte Cleo.

„Ähm, ich …“, stotterte Korbi.

„Was?“, fragte Cleo.

„… vielleicht so dreißig Sekunden …“, stotterte Korbi.

„Zu kurz!“, donnerte Cleo. „Der Nächste!“

Korbi suchte bestürzt das Weite.

Es folgte ein weiterer Klassenkamerad, der David. Er hatte offenbar an der Tür gelauscht, denn er beteuerte gleich, dass er eine volle Minute die Luft anhalten und super schwimmen könne.

„Wir wollen nicht den Chiemsee überqueren, sondern ein Detektivbüro gründen!“, rief mein Freund und wollte ihn schon die Treppen hinunter und zur Haustür hinausjagen – aber ich hielt ihn zurück.

„Was kannst du denn sonst so?“, fragte ich gutherzig.

Etwas eingeschüchtert erwiderte er: „Ich bin sehr sportlich, kann schnell laufen und … bin mutig.“

„AAAAAAH!“, brüllte Cleo und sprang von seinem Stuhl auf. David zuckte erschrocken zusammen. „Erstaunlich mutig!“, kommentierte Cleo. „Der Nächste!“

Ich warf meinem Freund einen wütenden Blick zu und wollte ihn gerade zurechtweisen und sagen, dass beide Mitschüler doch keinen schlechten Eindruck gemacht hätten und man überdies mit seinen Bewerbern anders umgehen müsse. Bevor ich aber den Mund öffnen konnte, trat Sophie herein – ein endpenetrantes Mädchen, das in mich verliebt ist.

„Keine Mädchen!“, rief ich. „Wir gründen ein Detektivbüro und keinen Waschsalon!“

Sophie machte auf dem Absatz kehrt und suchte das Weite, nicht ohne zwei anderen Mädchen, die im Hausgang standen, auszurichten, dass wir widerliche Frauenfeinde und Machos wären.

Verleumdungen dieser Art musst du aber nicht erst nehmen, lieber Leser – ich bin kein Macho, das ist alles erstunken und erlogen. Mädchengeschwätz sollte man generell nicht ernst nehmen.

Leider bemerkte ich erst zu spät, dass auch die wunderbare, dickbusige Maria in der Schlange gestanden war. Ich wollte ihr – der Schönsten unserer Mitschülerinnen – noch entschuldigend zulächeln, da war sie aber schon mit den anderen davongetrampelt.

Der nächste Interessent an unserem Casting war Irg.

Wie heißt du?“, fragte ich. Meine Aufgabe war es, Protokoll zu führen.

„Irg“, wiederholte der Kerl wie eine Maschine. Er war nur wenig größer als ich, aber ungefähr doppelt so breit und auf ungute Weise kastenförmig. Seine Haare waren höchstens einen Millimeter lang und seine Stirn war kurz wie bei einem Neandertaler. Wir hatten Irg noch nie gesehen.

„Woher weißt du von diesem Casting?“, fragte Cleo.

„Voem Junggen“, sagte Irg.

„Von wem?“, fragte Cleo.

„Voem Junggen“, sagte Irg.

„Aha …“, meinte Cleo. Beim Anblick Irgs wagte er es nicht, sich mit dem Stuhl herumzudrehen. „Was kannst du denn?“

„Vaprügeln“, sagte Irg.

„Verprügeln?“, fragte Cleo.

„Vaprügeln“, wiederholte Irg und knackte mit den melonengroßen Fäusten.

„Und sonst so?“, fragte Cleo.

„Vaprügeln“, sagte Irg.

„Na … gut. Dann lass uns doch mal deine Nummer da“, antwortete Cleo mit seltsam grauem Gesicht. „Wir werden uns schnellstmöglich bei dir melden.“

Als Irg das Zimmer verlassen hatte – nicht ohne im Vorbeigehen mit der Faust gegen die Wand zu schlagen –, mussten wir eine kurze Kaffeepause einlegen.

 

Es folgten noch ein paar Kandidaten, die zwar keine schlechten Detektive abgegeben hätten, aber Cleo nicht im Geringsten zusagten. Ich buche es meinerseits als Erfolg ein, dass ich ihn wenigstens daran hinderte, sie niederzuschreien. Ohne mein Zutun wären wir am folgenden Montag wohl die verhasstesten Buben der Schule gewesen.

Der letzte Bewerber war jemand aus der Parallelklasse, den wir nur vom Sehen her kannten. Er hieß Jean-Claude, kaute Kaugummi, hatte glattgekämmtes Haar und zwei unterschiedlich lange Arme. Überdies führte er einen schwebenden gelben Luftballon an einer Schnur mit sich. Ich und Cleo tauschten einen enttäuschten Blick, weil wir die Chancen auf einen angemessenen dritten Detektiv endgültig verbaut sahen.

„Ich grüße euch“, nuschelte Jean-Claude.

„Und ich stelle mich mit meinem Namen vor“, erwiderte Cleo zynisch. Redensarten wie Ich grüße dich oder Ich bedanke mich oder Ich entschuldige mich hasst Cleo wie die Pest. „Wenn man so etwas sagt, tut man ja eben gerade nicht das, was man vorgibt zu tun!“, schimpft er zuweilen.

„Was kannst du?“, fuhr er fort, nachdem ich dem Bewerber gequält zugelächelt hatte.

„Das hier“, erwiderte Jean-Claude, löste vorsichtig den Knoten vom Luftballon und atmete das Helium ein. Wir dachten, dass er gleich wie ein Schlumpf sprechen würde. Aber Jean-Claude sprach nicht, sondern erschuf pustend eine Kaugummiblase, die sofort zur Zimmerdecke aufstieg und zerplatzte.

„Das … das …“, stammelte Cleo, während Jean-Claude fröhlich eine Kaugummiblase nach der anderen aufsteigen ließ. Die Decke sah bereits wie ein Bahnhofsfußweg aus, nur halt andersrum. „Das ist ja grandios! Das ist phänomenal! Ich glaube, wir haben unseren Dritten, Hugo!“

„Phänomenal?!“, wiederholte ich, während Cleo und Jean-Claude sich herzlich die Hände schüttelten. „Und wie soll uns das bei der Verbrechensbekämpfung helfen?“

Niemand beachtete mich.

„Hey! Cleo!“, rief ich zuletzt und packte meinen spinnerten Freund an der Schulter. „Ich will das nicht! Nichts gegen dich, Jean-Claude, aber da waren heute deutlich bessere Kandidaten dabei!“

„Ach ja?“, erwiderte Cleo, plötzlich kalt wie Eis. „Und was kannst du eigentlich, was uns bei der Verbrechensbekämpfung helfen könnte?“

„Ich … ich …“, erwiderte ich stotternd, denn ich war von der Frage ganz und gar überrumpelt. „Das ist doch … das ist doch wohl egal. Ich bin ja der Mitbegründer unserer Detektei!“

„Das Detektivbüro war meine Idee“, erklärte Cleo. „Damit bin ich der erste Detektiv und der, der die Entscheidungen fällt. Und ich habe meine Entscheidung gefällt. Jean-Claude hier wird der zweite Detektiv und Irg der dritte!“

Vor meinen Augen verschwamm alles, mein Herz tat einen schmerzhaften Hüpfer. „Jean-Claude der zweite Detektiv?“, lallte ich. „Und Irg der dritte?“

Dann aber schrie ich aus Leibeskräften: „ICH BIN VON ANFANG AN DABEI!! DU KANNST DAS DOCH NICHT OHNE MICH MACHEN!! UND NOCH DAZU MIT DIESEN ZWEI PFEIFEN, DU PAVIANGESICHTIGER HIRNZWERG!!!“

„Irg!“, schrie Cleo aus dem offenen Fenster und ich bemerkte mit Schrecken, dass der Neandertaler noch in der Nähe war. „Erster Auftrag: Schaff mir den Typen hier vom Hals!“

„Vaprügeln!“, donnerte Irg, doch bevor ihn Cleo einlassen konnte, hatte ich mich bereits über die Terrassentür in Sicherheit gebracht.

 

Gott, wie ich Cleo verabscheue!