Amadeo, auf dem Schlossweg geboren, kann sich nicht damit zufriedengeben, wie alle anderen Menschen immer stur dem Wolkenschloss zu folgen, das er vom Sonnenschein geblendet nicht einmal erkennen kann. Ebenso wenig mit dem eintönigen Alltag und den aufgesetzten Werten und Tugenden. Er sehnt sich nach der vollen Natur, die den Schlossweg an beiden Seiten begrenzt, nach der Freiheit, nach bacchantischer Lebensfreude. Von der Nymphe Hyale verlockt will er endlich den Weg verlassen, aber sein Vater, der ihn vor der gotteslästerlichen Lust bewahren will, verweigert ihm den letzten Schritt. Amadeo verwundet seinen unbewaffneten Vater und nimmt Reißaus. In der Welt jenseits des Schlossweges herrschen die Götter der römischen Antike. Amadeo und Hyale finden zueinander, was aber den Zorn der Jagdgöttin Diana erweckt, die keine Menschen fernab des Weges mehr dulden will, seit Aktaion sie vor Jahren beim Baden gesehen und ihr schreckliches Geheimnis entdeckt hat.
Amadeo: Jeden Tag derselbe Lauf:
Erwachen, waschen, hastig speisen,
dann schnürst du dein Bündel zu
und machst dich auf,
auf Schritt und Tritt
im Trott zu Gott
– dies aber stets in Teufelskreisen –,
hastig speisen, gute Ruh.
Das ist die Welt, so wie sie ist
und augenscheinlich immer war.
Doch manchmal wird dir wieder klar,
dass du in ihr gefangen bist.
Wald-
geister: Dass du hier gefangen bist.
Amadeo: Weil es nur diese Richtung gibt,
musst du es schließlich akzeptieren.
Zum Vergnügen fängst du an,
mit dem Pirol zu quinquilieren,
der in hohen Zweigen wippt.
Keine Mahnung in der Ahnung,
keine Schranken in Gedanken.
Das Wenige ist, was gefällt,
weil die Verlockung dieser Welt,
erst ausgekostet reizlos ist.
Du denkst nur selten noch daran,
dass du in ihr gefangen bist.
Wald-
geister: Dass du hier gefangen bist.
Amadeo: Wer keinen Wein kriegt, bleibe nüchtern!
spricht der Kluge zu den Dichtern.
Aber wie soll man nicht dürsten,
wenn nebenan gefeiert wird?
Berauscht tanzt dorten unbeirrt
trotz unsrer Steifheit Wald und Feld.
Dort ist das Reich der trunknen Fürsten,
dieses ist die wahre Welt!
Sich abzufinden ist noch schlimmer,
als es stete Trübsal ist.
Bleib freudlos und vergiss es nimmer,
dass du hier gefangen bist.
Wald-
geister: Dass du hier gefangen bist.
Hyale: Ei, wer wird denn da verzagen?
Es wäre nur ein kleiner Schritt
und schon kannst du dich durch den Hain
und die gewundnen Sträucher schlagen.
Doch ich glaube, wenn du’s tätest,
gingen Furcht und Reue mit
und rascher lenktest du noch ein
und krochest wieder zu den andern,
um sehnsuchtsvoll dahinzuwandern.
Lauf also zu, dass du dich nicht verspätest!
Amadeo: Wo bist du, unverschämtes Mädel?
Sich schwatzend in den Beerenhecken
zu verstecken und mit kecken
Binsensprüchen mich zu necken,
scheint mir nicht besonders edel.
Komm heraus und zeige dich!
Ich weiß, du hältst dich sicherlich
im Blätterschleier bloß verhüllt.
Ich kenne euer Ungeschlecht
und weiß, dein Liebreiz ist nicht echt:
Dein Antlitz ist ein Teufelsbild.
Hyale: Du bist wohl nicht mehr ganz bei Trost:
In ihren Träumen haben mich
die höchsten Herren schon liebkost,
so fein und wunderschön bin ich.
Amadeo: So zeige dich!
Hyale: Ich denke nicht daran! Wer wärst du nur,
dass du mir etwas befehlen kannst,
und glaubtest wohl, dass jede Kreatur
sofort nach deiner Pfeife tanzt?
Amadeo: Du bist ein Dämon, das weiß ich.
Und vor dem, der sich feige versteckt,
hab ich von jeher keinen Respekt.
Wer ich bin?
Amadeo heiß ich!
Hyale: Amadei favorisier ich,
das klingt noch einmal so possierlich!
Amadeo: wendet sich ab
Ach, ich höre gar nicht hin!
Was hatte ich nur für Gründe,
zu denken, dass aus der Sünde
etwas Sinnvolles entstünde?
Dämonen bleiben unmanierlich.
Hyale: Amadei, schmolle nicht!
Blicke hier in die Blätter geschwind
und schau, wie hübsch die Dämonen sind!
Amadeo: Fürwahr! Was für ein reizendes Mädchengesicht!
Hyale: Dann mach’s gut, mein kleiner Rebell,
ich verschwinde wieder in die Wildnis.
und ab
Amadeo: Bleib da! Nicht so schnell!
Ach, jetzt ist sie schon entflohn
und ich bin hier und kann nichts denken.
Vor meinen Augen prangt ihr Bildnis,
in meinen Ohren klingt ihr Ton.
Wie konnte sie mich nur so kränken?
Zu gerne würde ich ihr meine Zeit
und meine Gedanken, die zu meinem Leid
mich immerzu bedrücken, schenken.
Und auch mein Herz ...
Vater: Amadeo, lieber Sohn,
was ist mit dir? So früh am Morgen
wachst du schon?
Und blickst verstohlen waldeswärts.
Geht’s dir auch gut? Dein Blick
erstrahlt vor stillem Herzensglück,
doch tief darunter sitzen Sorgen!
Amadeo: Wie ist das Schicksal abgefeimt,
dass Herz doch nur auf Schmerz sich reimt!