Am bebenden Hang.

(veröffentlicht in „Der Schlossweg.“)

 

 

Nun braust der Sturm durch die spröden Wipfel,

der heiße Tag erlischt.

Es peitscht der Bach vom jähen Gipfel

hernieder und verwischt

der Vögel warnenden Gesang.

Nur Mut, nur Mut, ’s ist nimmer lang!

 

In blauer abgehackter Linie

fällt ein Blitz als scharfer Säbel –

wie müde Greifen sinken Nebel,

es quietscht und qualmt die Pinie.

 

Die ausgedehnte Landschaft mir zu Füßen

spuckt ertrinkend Dampf und Blätter,

erblasst zuletzt im grauen Wetter.

Doch es zischeln unterdessen

all die wogenden Zypressen:

Kühner Wandrer, lass dich grüßen!

 

Blütenstaub umgarnt den Regen,

um verschnörkelnd jedem Hange

fesche Kleider anzulegen.

Nur Mut, nur Mut, ’s ist nimmer lange!

Dann sollst du zu den Göttern finden

und ewig zwischen Gleichgesinnten

dich bewegen.

 

Heißa! auf schwindelnden Bergeshöhn

zwischen schmucken Marmorbildern

und vergessenen Ruinen,

die im Efeu längst verwildern,

steh ich stolz dem Donnerregen,

dem Sturzbach und dem Sturm entgegen,

den Wahrhaftigen –

den Gewaltigen –

den höchsten Mächten nur zu dienen!

Keine Sintflut macht mich wanken:

Wuchtig schlägt das Herz in meiner Brust!

Dir, schöne Jungfer, muss ich danken

für diese Liebe, diese Lust!

Dem Launenspiel, dass Herzen höher schlagen

und jäh verstummen, trotzen wir vergebens:

Der Sinn, der Grund, die Antwort aller Fragen

wohnt in der Brust als schäumendes Getriebe.

Senkt, Götter, euer Haupt! Der Quell des Lebens

ist mein Besitz, denn mir gehört die Liebe!

Kein Sterblicher hat je geliebt wie ich!

Der Menschen dürftiges Gefühlchenfließen

vereinigt nur in meinem Herzen sich,

um wilde Wasserfälle aufzugießen.

 

Geschaffen, um selber zu schaffen – es war

mein Herz sich der Macht seines Tuns nie bewusst.

Was kam, was da hielt, was da ging immerdar,

erquickte sich endlos am Quell meiner Brust.

Du liebliches Kind! deine schöne Gestalt

hat mir wie ein Schlag die Gewissheit gebracht:

Jedes Geschöpf, jede Blume, den Wald,

alles, was lebt, habe ich dir gemacht!

 

Ich schicke dir den Morgenschimmer,

wenn ein schwerer Traum dich drückt.

Dann weißt du, dass Aurora immer

dich mit Spiel und Tanz beglückt.

 

Ich schicke dir den Veilchenduft,

Hibiskus und den Frühlingsflor,

sowie nach Blumen als Dekor

und Blütenöl dein Busen ruft.

 

Ich schicke dir das Rossgespann,

das stets den Sonnenwagen führt,

damit er dich erwärmen kann,

wenn dir der Leib vor Kälte friert.

 

Ich schicke dir die goldnen Bienen,

wenn es dich nach Früchten drängt.

Mit Feigenfleisch und Apfelsinen

seist du fürderhin beschenkt.

 

Ich schicke eines meiner Rehe

dir in den Olivenhain,

damit es dir zur Seite stehe,

fühlst du dich einmal allein.

 

Ich schicke dir ein ganzes Heer

Johanniskäfer, wenn es dunkelt,

dass es dir recht traulich funkelt,

werden deine Lider schwer.

 

Ich schicke alle Nachtigallen

mitternächtens zu dir hin,

dass ihre süßen Melodien

als Träume in dein Bettchen fallen.

 

Ich schicke dir, was dir gefällt:

Den Berg, das Tal, das Sternenzelt,

das Land, das Meer, die ganze Welt,

dass du ein Bild dir davon machst,

was du in meinem Herz entfachst.

 

Geschaffen, um selber zu schaffen – es war

mein Herz sich der Macht seines Tuns nie bewusst.

Was kommt, was da hält, was da geht immerdar,

erquickt sich am Quell meiner liebenden Brust.

Ein Jedes soll dir ein Geleit, ein Vergnügen,

ein Hüter, ein Freund und ein Zeitvertreib sein,

als Dank, denn durch deinen entzückenden Schein

hab ich das gelobte Gebirge erstiegen.